Nachdem wir jetzt schon 2x zu zweit auf dem Motorrad in Marokko unterwegs waren, waren noch ein paar Ecken offen, die sich zu zweit auf dem Motorrad nur sehr schwer realisieren lassen (zumindest wenn es Spaß machen soll). Meine Frau wollte diesmal in die Wüste. Also haben wir uns, nach den positiven Erfahrungen in Griechenland, in Marokko einen Dacia Duster 4x4 gemietet. Das geht bei der Firma Medloc wunderbar einfach und stressfrei, ein bisschen Zeit sollte man aber schon einplanen. Das Auto war mit allem ausgestattet, was man so vielleicht brauchen kann: 2 Sandbleche, große Schaufel, einem Kompressor und Reserverad. Ich hatte vorsichtshalber noch extra Flickzeug dabei und einen Luftdruckprüfer mit Ablassfunktion, damit sich der Reifendruck leicht reduzieren lässt, wenn es ins Gelände geht.
Am Anreisetag ging es (mit 2 Stunden Verspätung) dann aus Marrakech raus (dank Google Maps kein Problem) und über die Autobahn nach Agadir. Das dortige Hotel kannten wir schon und die Besitzer haben extra den Küchenchef länger da behalten, dass wir noch etas zu essen bekommen konnten. Leider wars für einen Ausflug in den Pool schon etwas zu spät. Am nächsten Morgen ging es nach reichhaltigem Frühstück und der genau Inspektion des Autos dann Richtung Tafraoute. Die Strecke bin ich in den 90ern schonmal mit einem gemieteten R4 gefahren und hatte sie als sehr schön in Erinnerung. Erstmal gabs aber einen mächtigen Stau in einem Kreisverkehr, den der verkehrsregelnde Polizist nicht besser macht. Es ging über den Gehweg, Randstreifen ein angrenzendes Feld - plötzlich hatte die Straße 8 Spuren und ich so meine Zweifel, ob das mit dem Auto die richtige Idee war. Wir ließen uns im Strom der Autos getragen von einem vielstimmigen Hupkonzert einfach durch die Engstelle treiben und dann war es auch vorbei mit dem wilden Verkehr. Es ging in die Berge des Anti Atlas, kein Verkehr, wunderschöne Landschaften, immer mal wieder ein kleines Dorf oder eine verlassene Kasbah auf einem Berggipfel. Eine geniale Straße! In Tafraoute tanken wir und machen einen Abstecher zu den bemalten Felsen, da waren wir 2022 schonmal mit den Motorrädern, aber es ist immer wieder ein Schauspiel. Dort beschließen wir nach kurzer Beratung eine kleine Planänderung. Wir fahren heute nicht mehr weiter, sondern bleiben hier und entspannen ein bisschen - Andrea hat Schnupfen und der Anreisetag war doch etwas stressig für uns beide, da tut etwas Chillen und ein Apèrol Spritz auf der Hotelterrasse doch sehr gut. Wir düsen die schöne Piste entlang und landen bei unserem Hotel, das wir auch schon 2022 besucht hatten und das in Tafraoute der "Place to sleep" ist. Wir haben Glück, sie haben noch ein Zimmer frei und der Küchenchef hat auch noch etwas zu Essen am Abend für uns. Und tatsächlich gibt es einen Apèrol Spritz für uns.
Gestärkt durch ein sehr reichhaltiges Frühstück mit hausgemachter "Berber-Nutella" - ein feiner Brotaufstrich aus Arganöl und gerösteten und gemahlenen Erdnüssen geht es dann Richtung Süden. Wir durchqueren den Antiatlas und die Landschaften sind wirklich atemberaubend schön. Es herrscht null Verkehr und die Straße, zumeist einspurig meandert sich wunderschön durch die Berge. Lange geht es durch einen wilden Canyon, bis wir die Ausläufer der Berge hinter uns lassen. An einer Kreuzung gibt es eine Cola und dann geht es Richtung Wüste. Am Rande der Wüste führt die Straße entlang, gut ausgebaut, sogar mit Radweg (?), Kamele stehen am Straßenrand, ein neues Szenario, nicht weniger spannend als die Berge am Vormittag. Unsere heutige Unterkunft liegt in einer kleinen Oase, die Ortschaft ist halb verfallen, wir müssen ein bisschen suchen (und brauchen zum ersten mal den Alltradantrieb), bis wir die Unterkunft gefunden haben. Ein Lehmbau mit Innenhof und Dachterrasse. Wir werden freundlich begrüßt und bekommen erstmal einen Tee. Unser Zimmer hat eine eigene Toilette und Dusche und auf der Dachterrasse lässt es sich bei einem leichten Wind gut aushalten. Abends gibt es Tajine mit Hühnchen und Berberpfannkuchen - das hatten wir auch noch nie, aber es war sehr fein.
Heute soll es in die Wüste gehen! Erstmal zweigen wir von der Hauptstrasse ab, weil Andrea im Reiseführer die Koordinaten für ein paar Felsritzungen gefunden hat. Die Navigation ist Schwierig - welche Piste ist nun die Richtige? Aber letztendlich finden wir den Ort, der nicht durch Schilder sondern nur eine schlecht lesbare Markierung auf einem Stein markiert ist. Gemeinsam laufen wir bei fast 40 Grad Hitze durch eine Landschaft aus Sand und schwarzen Steinen - so stellen wir uns die Oberfläche vom Mars vor. Andrea findet einen seltsamen Stein, ich entdecke auf der Rückseite die eingeritzte Gazelle. Wir lassen die Umgebung auf uns wirken. Es ist magisch Still und irgendwie unwirklich hier. Zurück auf der Hauptstrasse geht es nach Foum Zguid. Dort wird vollgetankt und nochmal die Wasservorräte aufgestockt. Wir passieren einen Kontrollposten des Militärs und dann geht es auf der sehr steinigen Piste weiter in die Wüste hinein. Im ersten Tiefsandfeld bleiben wir gleich stecken. Ich Trottel hab die Traktionskontrolle nicht ausgeschaltet... Also, Traktionskontrolle aus, 4x4 an, Rückwärtsgang und dann mit Vollgass durch den Sand. Bei inzwischen über 40 Grad haben wir beide keine Lust, unser Auto aus dem Sand graben zu müssen. Die Piste ist schlecht und sehr steinig, schnell kommt man hier nicht voran. Wir haben etwas bedenken wegen unserer Zeitplanung und Andrea sitzt der Schreck mit dem Sand noch in den Knochen. Wir drehen rum - sicher ist sicher. (Im Nachhinein stellt sich raus, dass es gut machbar gewesen wäre, zeitlich wie fahrtechnisch). Zurück auf der Straße kommt wieder etwas mehr Luft in die Reifen und wir fahren auf Asphalt nach M'hamid, der letzten Ortschaft vor der Sahara. Ich hatte unser gebuchtes Wüstencamp im GPS als Zielort und war daher etwas überrascht, dass wir schon im M'hamid sind. Gleich "fischt" uns ein geschäftstüchtiger Berber auf einem Mofa ab, lädt uns zu Tee und Wasser ein und hofft wohl, uns in irgendein Camp schleppen zu können. Bald kommt aber unser Fahrer, unser Auto kommt auf einen bewachten Parkplatz und wir düsen weiter in die Wüste hinein. Geile Fahrt (ja, ich wäre es gerne selber gefahren, aber hinterher ist man immer schlauer - also, wer sich Tiefsand zutraut, kann dort gut selber fahren). Kurzer Stop bei ein paar Beduinen und bei einem Café an einer eher schwindligen Quelle mitten in der Wüste und dann erreichen wir unser Camp: 3 Lehmhütten und 3 Zelte direkt in den Dünen des Erg Chegaga. Es gibt Tee zur Begrüßung, unter dem Schilfdach auf den Kissen bräsen die restlichen Bewohner in der Hitze vor sich hin. Es ist verdammt heiß und alles hier hat die gleiche Temperatur, die Hütte, das Wasser, der Wind, der Sand - es gibt kein Entrinnen. Nach dem Sonnenuntergang auf den Dünen gibt es Abendessen unterm Sternenhimmel. Und dieser Sternenhimmel ist wirklich gigantisch. Später am Feuer machen die Jungs mit Trommeln und Gitarre noch traditionelle Musik, es ist magisch. Weniger magisch ist die Temperatur in unserer Hütte: Wir kommen uns vor wie in einem Glutofen. Hat es draußen inzwischen etwas abgekühlt, steht die Hitze in unserer Lehmhütte, wir schwitzen durchs pure daliegen, an Schlaf ist nicht zu denken. Wir überlegen beide, den Aufenthalt Morgen schon abzubrechen, entscheiden uns dann aber dagegen - und das war eine gute Entscheidung! Morgens ist es noch angenehm kühl, die vielen Tierspuren im Sand um unsere Hütten zeugen von viel Leben in der Wüste. Wir machen uns fertig zur Kamelsafari - Mit Turban und viel Sonnencreme. Puh, nach einer halben Stunde hab ich eigentlich die Schnauze voll. Es gibt bequemere Fortbewegungsmittel wie ein Kamel bzw Dromedar. Trotzdem beeindruckt mich, wie unser Guide völlig gleichmäßig mit seinen Schlappen durch die Wüste läuft, dabei den Sand liest und immer den richtigen Weg für uns bzw die Kamele findet. Nach 1,5 Stunden erreichen wir den Fuß der höchsten Düne, nur 3 aus unserer Gruppe wagen den Aufstieg, wir schauen lieber ein paar Franzosen zu, die sich mit ihren wild hergerichteten 4x4 von einem Berber das Sandfahren beibringen lassen wollen... sehr amüsant. Zurück sind im Camp sind wir dann wirklich weichgekocht - 3 Stunden die Pralle Sonne auf dem Hirn... da hilft nur ab in den Schatten und auf etwas Wind hoffen. Eine Wahnsinnserfahrung! Die Stille, die Landschaft, der Sternenhimmel - sehr magisch, sollte man erlebt haben und 2 Nächte sind dazu ein muss. Wer tagsüber alle Fenster und die Tür der Hütte fest geschlossen hält, muss nachts auch nicht ganz so schwitzen...
Am nächsten Morgen gehts zurück nach M'Hamid - geile Fahrt, viel Speed, lange am Dünengürtel entlang mit lauter Berbermusik im Radio, wirklich klasse. Unser Hotel bei Zagora hat Klimaanlage, Pool und gekühltes Bier - mehr brauchen wir heute auch nicht. Jetzt zeigt der Kompass gen Norden, in Zagora wird noch schnell die Reisekasse aufgefüllt und getankt und dann geht es Offroad durch den Jbel Rhart, parallel zum Draa Tal Richtung N'kob. Schöne Piste, zumeist kerzengerade, ab und zu mal durch ein trockenes Qued und dann wirds doch etwas haarig. Es wird grob steinig und steiler, ein teil der Strecke ist weggebrochen, an der Hangseite stehen steile Felsstufen - jetzt nur nicht das Momentum verlieren. Erstaunlich was der Dacia so aushält, es knirscht und quietsch ein bisschen, aber wir schaffen die Passage. danach wirds auch schon wieder etwas leichter und irgendwann landen wir auch wieder auf Asphalt - leider (für uns) sind die Marrokaner echt schnell im Asphaltieren, viele Strecken die ich noch als offroad oder Piste kenne, sind inzwischen bestens ausgebaut. In N'kob wird getankt und dann geht über den Tizn Tazazert durch den Jbel Sarhro. Das letzte Mal als ich den Pass gefahren bin, bestand er noch aus einer teilweise ziemlich schwierigen Piste mit vielen Felsstufen, jetzt ist er bestens asphaltiert, mit Leitplanken und Verkehrszeichen. Schade eigentlich. Schnell sind wir in Boumalne Dades und von dort noch sind es noch 30km ins Tal der Rosen. Mal wieder hat man so einen kleinen Kulturschock Moment. Man biegt von der Hauptstrecke ab Richtung Tal der Rosen und landet sofort in einer anderen Welt, es wuselt überall, Eselskarren versperren den Weg, die Straße wird schmal mit etwas Schotterstreifen links und rechts, der Verkehr besteht fast nur noch aus alten Mercedesbussen (Sammeltaxis). Die Zufahrt zu unserer Unterkunft im Tal der Rosen ist eine schöne Schotterstrecke direkt am Hang und wir haben einen genialen Blick auf die Oase im Tal. Die Unterkunft ist sehr liebevoll gestaltet, überall gibt es Ecken zum chillen und das Essen ist eines der besten und ehrlichsten, das wir in Marokko gegessen haben - sehr fein.
Jetzt geht es über den Hohen Atlas zurück nach Norden. Die Strecke habe ich aus einem Offroad Reiseführer und ich bin sehr gespannt, was uns erwartet. Es ist genial. Der Großteil der Strecke ist asphaltiert, aber erfordert trotzdem eine gewisse Fahrzeugbehrrschung. Die Kehren sind eng und steil und ausgesetzt. Immer mal wieder kommt ein Stück offroad, auch hier ist es steil und eng, teilweise ziemlich grobsteinig. Die Landschaft ist der Hammer! Und es ist so wunderbar kühl auf den beiden Passhöhen Tizn Ait Imi und Tizn Ait Hamed mit 3000 Metern. Im Tal geht es durch Dörfer, die gefühlt dem Mittelalter noch näher sind als dem 21. Jahrhundert. Ein toller Kontrast, ganz wenig Verkehr, eine wunderschöne Fahrt. Sie endet am Bin el Ouidane Stausee. Nachdem wir dort 2019 schon so richtig Pech mit unserem Hotel hatten, haben wir diesmal ein anderes raus gesucht - war auch nicht so super. War ok, aber kommt nicht auf die Empfehlungsliste, daher auch kein Link hier. Leider wird der See immer leerer, was es natürlich für die paar Hotels dort auch nicht einfacher macht. Letztendlich kann man dort am See wirklich nur das sau teure Hotel empfehlen - ist aber auch ein Kulturschock wenn man aus der Wüste und den Bergen zurück kommt.
Zügig gehts dann zurück nach Marrakech, mit der Autovermietung haben wir von unterwegs einen Treffpunkt zur Fahrzeugübergabe vereinbart. Ich habe mir den Parkplatz eines Hotels am Stadtrand ausgesucht - so muss ich mich nicht durch ganz Marrakech quälen. Die Jungs sind pünktlich, laufen einmal um das völlig verstaubte Auto rum, machen alle Türen auf und zu und das wars. Der Fahrer von unserem Lieblingshotel in Marrakech ist auch schon da und bringt uns zu unserem Riad, wo wir schon sehr freundlich und wie alte Freunde empfangen werden. Dort lassen wir bei einem feinen Essen im Innenhof unsere Tour ausklingen, bevor es dann zurück nach Deutschland geht.
Reisezeit: Anfang Mai (fast schon zu spät, d.h. stellenweise sehr heiß)
Reisedauer 10 Tage inkl An/Abreisetag
Gefahrene Kilometer 1.900km
Literatur: Morocco overland von Chris Scott (und viel eigene Erfahrung)
Hotels: alle via Booking bzw persönliche Kontakte (Marrakech, Tafraoute)