Einmal im Jahr muss die 690er artgerecht ausgeführt werden. Das Setup von der TET Balkan Tour mit dem Gepäcksystem von Xcountry hat sich ja bewährt, ist also wieder am Start. Als Reifen habe ich mich für den MT 21 entschieden, da er auch auf Asphalt und bei Nässe noch recht gut funktioniert und im Gelände ziemlich gut funktioniert. Der Wetterbericht hatte aber nicht mal einen Hauch von Regen im Forecast, es ging eher um Temperaturen um und über 40 Grad und lange Sonnentage. Daher entscheide ich mich für die KLIM Dakar Hose und das Mongolia Trail Jacket von Adventure Spec, darunter die Protektorenjacke von Ortema und für alle Fälle eine Regenjacke. Als Helm krame ich den Endurohelm von Airoh wieder aus dem Regal, weil er so genial belüftet und leicht ist. Camping ist nicht vorgesehen, da die Buchungssituation aber aufgrund der Hochsaison etwas heikel werden könnte, habe ich einen Schlafsack, Tarp und einen Jetboil dabei - nur für den Fall der Fälle.
Samstags geht es bei knackigen 30 Grad morgens um 11:00 los, ich düse bis zum Brenner über die Autobahn, ganz einfach um schnell ein paar Kilometer zu machen. Hier zeigt sich, dass seit der Änderung auf ein 48er Kettenblatt die Höchstgeschwindigkeit etwas gelitten hat; 120km/h geht aber immer noch und mehr geht auf der Inntal- und Brennerautobahn eh nicht. Direkt hinter dem Brennerzollamt geht es runter von der Bahn und der Kurvenspass beginnt. Für die erste Nacht habe ich mir ein B&B gebucht, so fällt die Suche nach einer Unterkunft schon mal flach. Wie meistens, wenn man vorbucht, hätte ich locker noch ein paar Kilometer fahren können, aber egal, ich bin um 16:30 im Agritur Vista Lago und genieße von meiner Terrasse den Blick auf den See und eine kalte Dusche. Leider gibts dort nix zu essen und ich schlurfe mit meinen FlipFlops die 15 Minuten in den Ort hinunter. Das einzige Hotel-Restaurant verkauft mir zwar ein Bier, hat aber kein Platz im Restaurant mehr frei. Ich schlurfe weiter durch den Ort und finde eine kleine Bar, die wenigstens ein paar Paninies anzubieten hat (auf der Karte waren 8 verschiedene, gegeben hat es dann nur eine Variante). Dazu ein paar kühle Bierchen und der Tag klingt gut aus. Bis ich wieder am B&B bin, habe ich allerdings etwas blutige Füße, FlipFlops sind halt doch keine Wanderschuhe...
Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Seeblick und einem frisch gefüllten Trinkrucksack geht es in der Kühle des Morgens weiter gen Süden. Kein Verkehr, schöne Kurven, noch liegt die Welt im Schatten, so kann man langsam wach werden. An der Nordspitze des Lago d'Idro gehts in in die Berge. Der Passo di Croce Domini macht schonmal richtig Laune. Mit ganz wenig Verkehr windet sich die schmale Straße verspielt den Berg hinauf, der MT 21 geht schön mit und erlaubt sanftes Driften aus den Kehren auf der leicht feuchten Fahrbahn. Schon mit einem breiten Lächeln im Gesicht komme ich auf der Passhöhe an und es wird noch besser, hier endet meine Anreise und ich treffe auf den Track von Sektion 6 des TET Italien. Und schon geht es offroad weiter. Die breite Schotterstraße windet sich am Berg entlang und hier trifft man auf allerlei italienische Urlauber, im Fiat Panda, auf dem Scooter mit der Dame im Bikini hintendrauf, im BMW Cabrio... Der Parkplatz zu einer Alm, wunderschön an einem See gelegen ist recht voll, danach wird es ruhiger. Es folgen der Passo del Dosso Alto, der Passo della Berga usw. der Trail wird schmaler, man trifft auf Wanderer und nur noch sehr vereinzelt auf andere Zweiradfahrer. Es wird steinig, eng, ausgesetzt. Zum Genießen der Landschaft hält man besser an - viel Platz für Fehler ist stellenweise nicht. Es geht bergab, ziemlich knackig, ich bin froh mit der 690er unterwegs zu sein und keine Adventure hier bewegen zu müssen. Das Grinsen schmerzt schon fast, pures Fahrvergnügen. Mit jedem Meter bergab wird es allerdings spürbar wärmer. Wieder unten am See angekommen, ist es fast schon unerträglich heiß. Also nix wie wieder in die Berge. Der TET führt auf schmalen Straßen ein geniales Tal entlang. Hier muss man sich entscheiden, bin ich Tourist oder ist der Fahrspass wichtig... beim mir siegt der Fahrspaß. Im Rückspiegel taucht ein Local auf einer Enduro auf und wir lassen es im Supermotosytle laufen auf der genialen (aber sehr schmalen) Asphaltstraße durch das Tal. Kühn windet sich die Strecke am Fels entlang, rechts sieht man im Augenwinkel immer wieder das türkise Wasser in der Tiefe blitzen. An der ersten Kreuzung stoppen wir, nicken uns zu, beide mit breitem Grinsen. "Where are you going" werde ich gefragt. "Direction Lago die Garda" antworte ich. "You want offroad or onroad?" Was für eine Frage.... "Offroad!". "OK, follow me". Hier verlasse ich den TET Track ein bisschen und lasse mich von dem Local auf seinen Pfaden in Richtung Lago führen. Hier wäre manchmal eine 300 EXC das richtige Gefährt, aber die 690 schafft das alles mit Leichtigkeit - der Wechsel auf ein 48er Kettenblatt macht sich hier sehr bezahlt (und mir rennt der Schweiß in Strömen den Rücken runter). Nassgeschwitzt und mit leerem Trinkrucksack brechen wir aus dem Wald und haben einen genialen Blick auf den See. Wir verabschieden uns, der Local verschwindet wieder im Wald und ich genieße den Fahrtwind auf dem Asphalt in Richtung Seeufer - der TET hat mich wieder.
Es geht um die Nordspitze des Sees herum, Die Zivilisation hat Vorteile (Kalte Getränke und Refill für den Trinkrucksack) aber auch Nachteile (viel Verkehr und rote Ampeln). Aber der Part ist schnell geschafft und schon geht es wieder in die Berge, enge Kehren, rauer Asphalt, kühlender Wald... eine Streckensperrung zwingt zur Umkehr, aber eine Umleitung ist schnell gefunden. Die Strecken sind genial, der Ausblick grandios, immer wieder aufs Neue freut man sich einfach hier fahren zu können. Es wird Zeit eine Unterkunft zu suchen, diesmal mit Restaurant... Auf Booking ist schnell etwas gefunden, nur ein paar Kilometer vom Track entfernt, mitten im Ort mit Pizzeria. Schnell gebucht und eine Stunde später fahre ich bei über 40 Grad auf den Dorfplatz. Ich stelle das Motorrad neben die Terrasse von Vecchia Mori, werde herzlich begrüßt, bekomme ein frisch gezapftes Bier und den Zimmerschlüssel. Die 690er darf in den Hof und ich aufs Zimmer. Das Zimmer ist klein und sehr sauber und das Beste: Mit Klimaanlage. Ich stelle die Klimaanlage auf 16 Grad und packe die 690er ab - im Innenhof ist eine Bar, da sollte alles runter von der Mopete. Ich schleppe meine Taschen nach oben und gönne mir eine erfrischende Dusche. Dann runter in die Pizzeria, jetzt erstmal ein Aperol Spritz, schließlich bin ich in Italien und später dann eine feine Pizza. Der Chef ist super freundlich, der Aperol geht aufs Haus, die Bar im Innenhof hat auch nicht lange auf und dank Klimaanlage schlafe ich einfach nur wunderbar (Vielleicht lags auch an den vielen genialen Kilometern heute).
Bestens ausgeschlafen stehe ich auf, packe meine Taschen und öffne die Zimmertüre: 28 Grad schlagen mir entgegen. Kurz überlege ich, ob ich dieses Hotelzimmer überhaupt nochmal verlassen möchte... Bis das Motorrad gepackt ist, bin ich nass geschwitzt. Das Frühstück auf der Terrasse der Pizzeria ist sehr reichhaltig und stärkt für den langen, kommenden Tag. Schnell bin ich aus dem morgentlichen Verkehrsgewusel wieder raus und es geht wieder in die Berge, Asphalt wird wieder zu Schotter und der Blick in die Ebene ist atemberaubend. Der Track meandert durch die Berge, wunderschöne Etappen führen durch dunkle, kühle Wälder, einzig ein paar Mountainbiker teilen die Weg mit mir. Man grüßt sich freundlich - und bin froh, die Trails nicht mit Muskelkraft bewältigen zu müssen... Zwischendurch wird es lichter, keine Bäume, stellenweise kann man es so richtig schön laufen lassen... Ein Teil der Strecke ist gesperrt für Fahrräder und Motorräder - Ausnahme: Motocross und Mountainbikes; ich liebe Italien ;-)
Mittags werfe ich einen Blick auf die Karte. Im Track ist ein Abstecher zu einer Alm eingebaut, noch kann ich nicht sagen, ob ich das als Etappenziel schaffe - es sind sicher noch gute 200km. Ich lasse es laufen, irgendwann lande ich wieder auf Asphalt, zwischen hohen Felswänden, unterbrochen durch grandiose Ausblicke geht es dahin, die Straße wird schmal und schmaler, windet sich wieder Berge hinauf und hinunter. Dann steht alles still. Vor mir ein 30 Tonner mit frischem Teer, hinter ihm die Teermaschine. Die einspurige Straße wird frisch geteert. Blöd, ich bin meinem Ziel so nahe gekommen, dass ich es noch schaffen könnte - wenn nichts dazwischen kommt. Ich fahre zur Seite, mache den Motor aus und schaue den Arbeitern zu. Der frisch geteerte Abschnitt ist ca. 200 Meter lang und deckt die ganze Breite ab, bis zu den Weidezäunen links und rechts. Keine Chance daran vorbei zu kommen. Von der Alm kommt eine Whatsapp: Sie haben noch ein Bett für mich... jetzt muss nur noch die Straße fertig werden. Irgendwann, fährt der LKW weg, die Teermaschine parkt auf einer Wiese und der Walzenfahrer stellt seine Arbeit ein. Scheint also weiter zu gehen. Ich werfe die KTM an und fahre los. Komisches Gefühl, irgendwie ist der Untergrund recht unklar und schwammig. Der Walzenfahrer am anderen Ende schlägt die Hände über dem Kopf zusammen - ich blicke nach hinten. Verdammt, eine deutliche Spur ist im frischen Teer zu erkennen. Begleitet von einigen deftigen Beschimpfungen lässt mich der Walzenfahrer durch - sorry für den verschobenen Feierabend... Die Strecke ist knackig, obwohl asphaltiert. Der Belag ist schlecht, die Straße eng, unübersichtlich und stellenweise sehr steil. Spannend zu fahren, dann geht es nach links weg in Richtung Alm Malga Chiauta - nochmal 6 km steil, eng, das letzte Stück geschottert. Und dann ein Blick der einfach unbezahlbar ist. Irgendwann sind die letzten, lärmenden Touristen mit ihren Kindern weg, es kehrt eine wunderschöne Ruhe ein, es gibt hausgemachtes Almessen mit Polenta und Almkäse, dazu ein paar Gläser Rotwein und ein Blick auf die Berge im Licht der untergehenden Sonne - Besser kann ein genialer Fahrtag nicht enden!
Ich liebes es, von Kuhglocken geweckt zu werden. Nach einem reichhaltigen Frühstück und einer guten Unterhaltung mit der Sennerin, ruft der neue Tag. Ich nutze die morgentliche Frische und mache mich auf den Weg und wieder geht es meist auf schmalen, wunderschönen Strecken gen Osten. Plötzlich die Tanklampe. Eigentlich sollte ich noch für 100km Sprit in den Tanks haben, aber scheinbar hat mein gestriges "am Kabel ziehen" doch seinen Sprit-Tribut gefordert. Jetzt erstmal eine Tankstelle finden hier mitten in den Bergen. Nach 50km auf Reserve dann die Erlösung: Eine große Tankstelle mit Shop, der Trinkrucksack bekommt also auch gleich einen Refill. Schmal geht es weiter, wunderschön durch ein enges Tal - das einzige Fahrzeug, dass mir entgegen kommt ist ein holländischer Unimog Reiseumbau in der 300.000€ Klasse, der etwas breiter als die Straße ist und jetzt wahrscheinlich in dem kleinen Tunnel feststeckt ;-) Irgendwann muss ich dann links abbiegen, die Heimat ruft. Der letzte offroad Grenzübergang nach Österreich steht auf dem Program und die italienische Seite hat es wirklich in sich. Ziemlich steil, enge Serpentinen, grober Schotter, viele größere, lose Steine. Ich helfe 2 GS Fahrern, die sich den Abschnitt etwas anders vorgestellt hatten oder ihr Fahrkönnen etwas überschätzt haben und genieße das spielerische Handling und das geringe Gewicht der 690er... Nach einem Fotostop am Grenzpfahl gehts auf der Österreichischen Seite wieder runter. Wunderschöne, breite Schotterpisten durch den Wald, bis ich irgendwann, sehr breit grinsend wieder auf dem Asphalt lande. Mmh, jetzt ist es gerade Mittag und ich bin noch 270km von daheim entfernt... es zieht sich, die Hitze liegt wie eine schwere Decke über dem LAnd un din den Tälern, aber natürlich ziehe ich durch und komme, etwas verschwitzt aber sehr glücklich gegen Spätnachmittag wieder zu Hause an.
Der TET Abschnitt hat mich sicher nicht das letzte Mal gesehen...